Besuch im Drogeriemarkt: Kaum eine Verpackung, auf der keine Blätter, Blüten, Früchte oder Wassertropfen prangen. Aussagen wie »inspiriert von der Natur« oder »mit pflanzlichen Inhaltsstoffen« klingen gut und suggerieren: Dieses Produkt ist gut für uns und für die Umwelt. Doch leider: Ein Pflanzenextrakt allein macht noch keine Natürlichkeit — trotzdem können jede Menge synthetische Duftstoffe, problematische Emulgatoren oder gar Mikroplastik enthalten sein.
Drei Welten in einem Regal
Fachleute teilen den Kosmetikmarkt in drei Segmente auf: konventionelle Kosmetik, naturnahe Kosmetik und zertifizierte Naturkosmetik. Wer den Unterschied kennt, kann bewusster entscheiden.
Konventionell: Entspricht den Konventionen
Für alles, was Haut und Haar reinigt oder pflegt, gelten die Vorgaben der EU-Kosmetikverordnung. Sie legt unter anderem fest, welche Stoffe generell eingesetzt werden dürfen und was wie deklariert werden muss. Generell sollen diese Vorgaben die Sicherheit der Produkte für Verbraucher:innen gewährleisten. Viele dieser Zutaten werden synthetisch hergestellt, beziehungsweise stammen aus der Petrochemie, nutzen also Erdöl als Basis — wer auf Natürlichkeit setzt, wird diese eher vermeiden wollen. Darüber hinaus gelten etliche Stoffe auf der Liste aber auch durchaus als kritisch: So zum Beispiel Polyethylenglykol(PEG)-Verbindungen, einige synthetische Duftstoffe oder Mikroplastik. Sie können die Haut reizen, stehen im Verdacht, hormonell zu wirken oder belasten die Umwelt, weil sie schwer oder gar nicht abbaubar sind.
Die Zwischenwelt: Naturnahe Kosmetik
Naturnahe Kosmetik unterscheidet sich von konventioneller Kosmetik dadurch, dass sie tatsächlich mehr pflanzliche oder naturnahe Inhaltsstoffe enthält; im Gegensatz zu Naturkosmetik ist sie aber nicht zertifiziert. Das bedeutet: Für »normale« Verbraucher:innen ist es schwierig einzuschätzen, mit wieviel Natürlichkeit sie es denn jetzt wirklich zu tun haben. Die Bandbreite reicht von Produkten, die fast vollständig Naturkosmetik entsprechen, bis hin zu solchen, die lediglich mit ein paar natürlichen Extrakten angereichert wurden.
Klarer Fall: Zertifizierte Naturkosmetik
Anders als »Bio« für Lebensmittel ist der Begriff »Naturkosmetik« nicht gesetzlich geschützt. Zum Glück sind wir nicht auf eine europäische Naturkosmetikrichtlinie angewiesen, um zu wissen, was wir kaufen. Denn es gibt eine Reihe von verlässlichen Siegeln für »echte« Naturkosmetik. Zu den bekanntesten zählen COSMOS und NaTrue. Der Bundesverband Naturkost Naturwaren nennt in seinen Sortimentsrichtlinien 16 Siegel, die für echte Naturkosmetik stehen und alle das Wesentliche gemeinsam haben: Sie garantieren, dass die zertifizierten Produkte keine synthetischen Duft- oder Farbstoffe enthalten, kein Mikroplastik und keine Silikone, dass möglichst pflanzliche Inhaltsstoffe und diese bevorzugt aus Bio-Anbau eingesetzt werden.
Im Zweifelsfall: Genau hinschauen
Natürlich ist nicht jedes Produkt ohne Siegel automatisch schlecht. Vor allem kleine Kosmetik-Manufakturen scheuen manchmal den bürokratischen und finanziellen Aufwand einer Zertifizierung, obwohl ihre Produkte alle Kriterien erfüllen würden. Wer hier sicher gehen will, muss genau hinsehen — oder auf Fachwissen zurückgreifen. Denn schließlich: Stoffe wie Cetearyl Alcohol (ein Fettalkohol, der auch in Naturkosmetik erlaubt ist) und Ceteareth-20 (ein PEG-Derivat) klingen ganz schön ähnlich. Ihr wollt kein Chemiestudium absolvieren? Apps wie CodeCheck oder ToxFox helfen, Inhaltsstoffe zu bewerten und liefern Hinweise auf problematische Substanzen.
Unser Fazit: Siegel machen’s leichter
Trotzdem: Wenn es Euch wichtig ist, Euch möglichst haut- und umweltfreundlich zu pflegen, dann geht an zertifizierter Naturkosmetik kein Weg vorbei. Denn hier weiß man eben genau, dass drinsteckt, was draufsteht — und manchmal sogar noch mehr: Viele Marken stehen nicht nur für naturkosmetische Qualität, sie engagieren sich auch für faire Produktionsbedingugen und Nachhaltigkeit in Unternehmensprozessen. In einem Markt voller Grünschattierungen ist es doch ganz schön, zu wissen, wo nicht nur Marketing, sondern echte Haltung zu finden ist.