Der Verlust an Artenreichtum ist eines der größten Probleme der Zukunft; Ideen, die dieser dramatischen Entwicklung entgegenwirken sind gefragt. Umso besser, wenn sie sich ganz konkret vor Ort im eigenen Wirtschaften umsetzen lassen: Wie bei Stefan Sander, Inhaber des Bio-Weinguts Sander, das, nebenbei bemerkt, das älteste Bio-Weingut Deutschlands ist. Gemeinsam mit Rebenforscher Andreas Jung und Reb-Vermehrer Ulrich Martin widmet er sich im »Rebenretter-Kollektiv« bereits seit rund fünf Jahren der Wiederbelebung historischer Rebsorten.
Ihr erster Coup war der »Grünfränkische«, Jahrgang 2018, ein trockener, goldgelber Weißwein – »erfrischend mit deutlicher Würze«, so beschreiben ihn die Macher. Im September dieses Jahres konnten die Rebenretter (coronabedingt leider nur einem kleinen Kreis von Wein-Begeisterten) einen weiteren »Zeiten-Sprung«-Wein vorstellen: Den »Fränkischen Burgunder«, einen Rotwein, der derzeit noch in Fässern reift und nächstes Jahr abgefüllt wird.
Die Motivation der Rebenretter speist sich aus zwei Quellen: Der Erhalt der Bio-Diversität liegt ihnen ebenso am Herzen wie das Abenteuer, ganz besondere Weine zu machen. Im Laufe der Jahrhunderte ist die Vielfalt der Kulturpflanzen nämlich auch im Weinbau drastisch zurückgegangen. »Ein wesentlicher Faktor dafür war die zunehmende Effizienz-Fixierung der Wein-Wirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten«, bedauert Stefan Sander. Im Laufe der Jahre sind zahlreiche Sorten aus den Sortenbüchern verschwunden – eine ähnliche Entwicklung wie in der Pflanzen- und Tierzucht allgemein. »Die Sicherung von Bio-Diversität wird damit zu einer der vielen ökologischen Systemleistungen, die die Bio-Weinwirtschaft erbringt«, so der überzeugte Bio-Verfechter. Und natürlich ist es für ihn als Winzer in der dritten Generation eine spannende Herausforderung und ein echtes Abenteuer, wenn ein Wein entsteht, für den es keine Referenz gibt – ein »Zeiten-Sprung« eben.
Das Rebenretter-Projekt soll in den kommenden Jahren fortgesetzt werden: Schließlich gibt es, davon ist das Kollektiv überzeugt, noch viele für immer verlorengeglaubte Reben-Schätze wiederzuentdecken, zu vermehren und zu besonderen Weinen zu verarbeiten. Allerdings: Damit die Rebenrettung langfristig gelingen kann, braucht es Unterstützerinnen und Unterstützer. Ihre Aufgabe ist eine angenehme: Mit ihrer Nachfrage dafür zu sorgen, dass die Rebsorten und die neuen alten Weine eine Fangemeinde finden.
© Fotos: Bio-Weingut Sander
→ sanderweine.de
Dieser Beitrag erschien in Ausgabe 89 — Winter 2020