DIE DOSIS MACHT’S
Im menschlichen Körper ist Natrium z.B. wichtig für den Säure-Basen-Haushalt sowie die Muskel- und Nervenzellen. Chlorid ist Bestandteil von Verdauungssäften. Natrium nehmen wir zu 90 Prozent über Speisesalz auf. Auch für die Aufrechterhaltung des Flüssigkeitshaushalts der Zellen und die Regulation des Blutdrucks sind die beiden unentbehrliche Elektrolyte. Maximal sechs Gramm Speisesalz sollten wir täglich konsumieren. Das entspricht in etwa einem gestrichenen Teelöffel, so empfiehlt es die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Für Kinder gelten entsprechend geringere Werte. Die empfohlene tägliche Speisesalzmenge sollte nicht überschritten werden, weil eine zu hohe Salzzufuhr mit dem Risiko eines Bluthochdrucks einhergehen kann. Sechs Gramm hört sich viel an: Aber ein Großteil des täglich verzehrten Salzes steckt in den verarbeiteten Lebensmitteln, die wir jeden Tag verspeisen: Brot und Brötchen, Fleisch- und Wurstwaren, Käse und Milchprodukte. Vor allem in Fertiggerichten steckt oft sehr viel Salz, ein Blick auf die Zutatenliste lohnt sich.
LIEB UND TEUER
»Ihr seid das Salz der Erde«, heißt es in der Bergpredigt (Matthäus 5,13), in welcher die Jünger Jesu mit dem damals wertvollen und wichtigen Salz verglichen werden. Ob bei den Ägyptern, Persern oder in der römischen Antike, Salz war ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, mit ihm wurde geheilt, gewürzt, konserviert und kräftig Geld verdient. Salzsteuern wurden erhoben, Münzen geprägt, Straßen gebaut. Wie wertvoll Salz war, zeigt das heute noch immer gebräuchliche Wort Salär. Es geht auf das Gehalt der römischen Legionäre zurück, die einen Teil ihres Lohnes in Salz ausbezahlt bekamen, das sogenannte »salarium«, auch als »weißes Gold« wurde das Salz bezeichnet.
SALZSORTEN
Genaugenommen stammt übrigens alles Salz aus den Meeren. Allerdings: Manche dieser Meere existieren schon seit ein paar 100 Millionen Jahren nicht mehr, sie sind ausgetrocknet und/oder wurden durch tektonische Verwerfungen bedeckt. Die Salzschichten dieser Urmeere wurden in der Erde oder zwischen Gesteinsschichten sozusagen versiegelt. So kommt es, dass wir es heute mit unterschiedlichen Salzen zu tun haben.
Beim Geschmackseindruck ist die Kristallgröße entscheidender als der Salztyp: Es macht einen Unterschied, ob als kleiner Krümel, grobes Korn oder feine Flocke auf unsere Geschmacksknospen trifft.
SALZFLOCKE TRIFFT GESCHMACKSKNOSPE
Salzig ist neben süß, sauer, bitter und umami ein Grundgeschmack, den wir über die Zunge erfassen. Beim Geschmackseindruck ist die Kristallgröße entscheidender als der Salztyp: Es macht einen Unterschied, ob Salz als kleiner Krümel, grobes Korn oder feine Flocke auf unsere Geschmacksknospen trifft. Allerdings: Auch wenn sich die einzelnen Salzsorten nur in Nuancen unterscheiden, Gourmet-Köch:innen und Menschen, die sich ganzheitlich ernähren, schwören mehrheitlich auf wenig behandelte, handwerklich hergestellte Salze – die Entscheidung ist letztlich eine persönliche Geschmackssache.
MEERSALZ UND FLEUR DE SEL
Da wäre zunächst einmal das Meersalz. Es wird in sogenannten Salzgärten durch Trocknung aus Meerwasser in Salzgärten mit Hilfe von Sonnenwärme und Wind gewonnen. Meersalz entsteht auch als Nebenprodukt bei der Meerwasserentsalzung, hier werden Verfahren der Umkehrosmose oder die Mehrstufenverdampfung eingesetzt Eine besonders edle Form des Meersalzes, ein echtes Gourmet-Natursalz, ist das Fleur de Sel: Zarte, handgeschöpfte Salzkristalle, die als besonders mild gelten. Meersalz, möglichst wenig aufbereitet, ist der Klassiker der Bio- und Vollwerternährung. Doch leider: Durch die Verschmutzung der Weltmeere mit Meere mit Plastikmüll sind Meersalze immer öfter mit Mikroplastik belastet.
STEINSALZ UND HIMALAYA-SALZ
Steinsalz wird nach bergmännischen Verfahren abgebaut. Anschließend werden die Salzbrocken zerkleinert, gesiebt und aufbereitet. Steinsalzlagerstätten haben sich auch in Deutschland vor Millionen Jahren gebildet. Sie befinden sich in einer Tiefe von 70 bis 1.000 Metern. Auch das sogenannte Himalaya-Salz stammt, wie das mitteleuropäische Salz, aus Salzlagerstätten, die aus der Verdunstung und Ablagerung der Urmeere entstanden sind. Der Großteil der rosa Salzkristalle wird aber nicht im Himalaya selbst abgebaut, sondern in industriellen Salzminen in Zentral-Pakistan, 200 Kilometer entfernt vom Himalaya. Himalaya-Salz enthält im Vergleich zu »normalem« Salz geringfügig mehr Eisenverbindungen, welche die leicht rosafarbene Tönung verursachen. Möglicherweise tragen zur Färbung auch mikroskopisch kleine Algen bei. Die oftmals in Aussicht gestellten Gesundheitsversprechen dieses zeitweise sehr angesagten Salzes konnten wissenschaftlich bislang nicht belegt werden.
SIEDESALZ
Neben Meer- und Steinsalz gibt es noch das Siedesalz: Es stammt aus kochsalzreichen Solen. Es wird auch als Salinensalz bezeichnet und kommt ebenfalls als Speisesalz in den Handel. Kochsalzsole bildet sich, wenn Salz aus Steinsalzlagern durch unterirdische Wasservorkommen oder durch künstliche Wassereinleitung gelöst wird. Diese salzhaltigen Wässer treten als Salzquellen an die Oberfläche oder werden durch Bohrförderung gewonnen. Ähnlich wie beim Meersalz wird die gesättigte Sole dann eingedampft.
NATÜRLICHES KONSERVIERUNGSMITTEL
Ein wichtiger Aspekt, warum Salz seit alters her so begehrt war: In Zeiten, in denen es keine Kühlschränke gab, mussten Lebensmittel anders konserviert werden. Mit Salz lassen sich Fleisch und Fisch pökeln, Gemüse fermentieren: Das funktioniert, weil zahlreiche derjenigen Bakterien, die dafür verantwortlich sind, dass Lebensmittel verderben, Wasser zum überleben benötigen. Durch die Behandlung mit reichlich Salz entzieht man den Speisen einen Großteil ihrer Feuchtigkeit, beziehungsweise verändert sie. Damit verlieren die Bakterien ihre Lebensgrundlage – ideal für die Vorratshaltung.
MULTITALENT IN DER KÜCHE
Salz fungiert auch als Geschmacksverstärker, welcher den Eigengeschmack der Speisen hebt. Deshalb macht sich eine Prise Salz auch in Süßspeisen und Gebäck gut. Zusatznutzen beim Backen: Salz stabilisiert die Stärke, sorgt für einen gleichmäßig festen und elastischen Teig und damit für ein lockeres Backergebnis. Das Salz im Kochwasser von Gemüse oder Kartoffeln verbessert nicht nur den Geschmack, sondern verkürzt auch die Garzeit. So bleiben Vitamine und Mineralstoffe besser erhalten. Ausnahme: Hülsenfrüchte, wie Erbsen, Bohnen oder Linsen, besser erst nach dem Kochen salzen, denn hier verlängert die Zugabe von Salz den Kochvorgang. Auch kurzgebratenes Fleisch sollte erst kurz vor dem Servieren gesalzen werden, denn das Salz würde dem Fleisch sonst zusätzlich Wasser entziehen und es so trocken werden lassen.
VON RIESELHILFEN UND ANDEREN ZUSÄTZEN
Die Eigenschaft, Wasser anzuziehen und zu binden, führt auch dazu, dass Salz leicht verklumpt – in der Küche und im Salzstreuer bei Tisch ist das lästig. Deshalb werden herkömmlichem Speisesalz oft Zusatzstoffe, sogenannte Trenn- oder Rieselhilfsmittel, zugefügt, was im Zutatenverzeichnis ersichtlich wird. Zur Verbesserung der Jodzufuhr wird häufig Kaliumjodat zugesetzt (.Jodsalz.), auch fluoridierte Salze sind erhältlich.
KANN SALZ BIO SEIN?
Offiziell kann Salz bislang nicht bio-zertifiziert werden, weil es nicht als landwirtschaftliche Zutat gilt. Anders sieht das aus, wenn es zertifizierte Bio-Zutaten enthält, wie Kräuter- oder Gewürzsalze. Die Qualität des Angebots im Bio-Fachhandel unterscheidet sich allerdings schon deutlich von der zum Beispiel im Discounter: Im Bio-Fachhandel dominieren unangefochten die Natursalze: Schonend abgebaut, handwerklich verarbeitet. Wenn Jod, dann stammt es in der Regel aus Algen, Rieselhilfen oder weitere Zusatzstoffe sind eine Ausnahme. Übrigens: Auch wenn es um verarbeitete Lebensmittel geht, machen die Bio-Verbände ihren Mitgliedern strikte Vorgaben, welche Salze eingesetzt werden dürfen.
→ Susanne Salzgeber
Dieser Beitrag erschien in Ausgabe 95 — Sommer 2022