Eine definitive Antwort haben wir erstaunlicherweise nicht finden können, wohl aber unterschiedlichste Hypothesen.
Festgefahrene Karren
Beginnen wir mit einer Überlieferung zur Entstehung des Nürnberger Lebkuchens: Die Stadt war im Mittelalter ein Knotenpunkt von Handelswegen, auf denen Gewürze aus fernen Ländern transportiert wurden. In einem harten, langen Winter zur Weihnachtszeit, so die Legende, konnten die Fuhrwerke ihre Fahrt nicht fortsetzen und mussten in Nürnberg bleiben. Da die Gewürzkontore bereits voll waren, wurden die Gewürze kurzerhand vermischt und mit Mehl gebacken: Die Geburtsstunde der Lebkuchengewürze. Hmmh … Fest steht jedenfalls, dass es bereits im 12. Jahrhundert in Nürnberg so genannte »Lebküchner« gab.
Christliche Symbolik
Schon überzeugender erscheint, dass Gebäck, das mit Gewürzen aus dem Osten verfeinert war, an Weihnachten auf die Geburt Jesu hinweisen sollte. Der Stollen steht zum Beispiel für Jesus als Wickelkind. Oder das Neunerlei: Die Gewürzmischung für Weihnachtsgebäck besteht aus Piment, Zimt, Ingwer, Anis, Koriander, Kardamom, Muskat, Nelken und Fenchel. Die neun Gewürze sollen als »Lobpreisung Gottes« gemeint sein und einerseits auf die Trinität, anderseits auf die drei Elemente Erde, Luft und Wasser sowie auf die Dreiheit Erde, Himmel und Hölle verweisen.
Status und Wohlstand
Nicht nur zum Würzen, auch als Arznei und zum Haltbarmachen waren Gewürze im Mittelalter gefragt. Der Gewürzhandel, vor allem aus Asien, boomte: Kein Wunder, dass Muskatnuss und Gewürznelken, aber auch Pfeffer mit Gold aufgewogen wurden und echte Statussymbole waren. Da leuchtet es doch eigentlich ein, dass sich die weniger Privilegierten diese feinen Kostbarkeiten nur zu Festtagen wie Weihnachten leisteten. Erst im 18. Jahrhundert wurden Gewürze auch für Normalbürger erschwinglich.
Von der Rarität zur Massenware
Was einst rar und teuer war, ist heute nicht nur für alle zugänglich, sondern eine billige Massenware geworden – mit allen unguten Konsequenzen: Immer wieder werden konventionelle Gewürze mit viel zu hoher Pestizidbelastung entdeckt, zum Teil wird sogar gestreckt, gefärbt und aromatisiert. Die Herkünfte sind meist intransparent, wie die Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter auf den Plantagen in den Herkunftsländern aussehen, ebenso.
Fairness und Qualität
Gute Gründe, bei Gewürzen auf Bio zu setzen. Auf Bio-Gewürzplantagen werden keine Pestizide und Kunstdünger verwendet, die Verarbeitung erfolgt sorgfältig und handwerklich. Der österreichische Kräuter- und Gewürzspezialist Sonnentor setzt auf »Direct Trade« – die Ware wird direkt und ohne Preisspekulation von weltweiten Anbaupartnern bezogen. Auch bei Bio-Pionier Lebensbaum ist der Aufbau langfristiger Partnerschaften von größter Bedeutung. »Die Kultivierung der Rohwaren nach unseren Ansprüchen und den Prinzipien des ökologischen Landbaus verlangt Fachwissen und Hingabe«, heißt es auf der Website. »Dafür zahlen wir Preise, die die Leistungen unserer Lieferanten angemessen entlohnen.« Die enge Zusammenarbeit mit sorgfältig ausgewählten Partnern ist ein Gewinn für alle Beteiligten, wie das Bio-Traditionsunternehmen Heuschrecke erläutert: Nicht nur, dass Boden und Klima in bestimmten Regionen besonders gut für bestimmte Gewürze geeignet sind, auch die richtigen Pflanzenvarietäten und das Fachwissen der Bio-Bauern spielen eine entscheidende Rolle, wie das Unternehmen auf seiner Internetseite informiert.
Pur oder gemischt
Neben den Mono-Gewürzen sind auch bei Bio-Kunden Gewürzmischungen sehr beliebt. Und für viele Weihnachts-Klassiker wie Lebkuchen, Stollen, Spekulatius oder Glühwein braucht es traditionell ganz bestimmte Gewürze. Praktisch, dass es diese Mischungen auch »in Bio« gibt. Wer in der Küche gerne und viel mit Gewürzen arbeitet, legt sich vielleicht einen Vorrat purer Gewürze an: So lässt sich variieren und ausprobieren – schließlich unterscheiden sich auch die traditionellen Gewürzmischungen von Region zu Region und oft sogar von Haushalt zu Haushalt. In jedem Falle gilt: Gewürze schmecken frisch am intensivsten, also am besten möglichst kleine Mengen kaufen, gut verschlossen dunkel lagern und zügig verbrauchen (die Bioboom-Redaktion findet, Zimt, Kardamom und Co. schmecken rund ums Jahr!). Ganze Gewürze halten ihr Aroma länger – wer die Möglichkeit hat, Nelken oder Koriander frisch zu mahlen, zum Beispiel in einer alten Kaffeemühle oder geduldig mörsert, der wird mit intensivem Duft und Genuss belohnt.