Unzählige unterschiedliche Flaschen hatte er in seinem Badezimmer stehen, aus denen er je nach Stimmung auswählte. Allerdings, Tyler, Haarpflegefetischist und Held des Generation-Y-Romans »Shampoo Planet«, stammt aus den frühen 1990er Jahren. Zeitgeist heute sieht anders aus – zum Glück für die Umwelt.
Ursprünglichkeit gefragt
Im Zuge des Minimalismus-Trends erlebt die Seife zum Haarewaschen heute eine Renaissance. Warum auch nicht: Shampoo, wie wir es kennen, ist eine relativ neue Erfindung. Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts war Seife unangefochten das Reinigungsmittel der Wahl für Haut und Haar. Traditionelle Seifen wie die Aleppo-Seife oder Marseiller Seife können durchaus für die Haarwäsche verwendet werden.
Die meisten von uns werden aber doch in eine Haarseife investieren. Wie alle klassischen Seifen werden sie aus Fetten, Ölen und Lauge gesiedet. Nach der Verseifung bleibt ein Teil des Öls in der Seife und sorgt für die sogenannte Überfettung, ist also eine zusätzliche Pflegekomponente.
Wer trockenes und strapaziertes Haar hat, wird logischerweise eher zu einer Seife mit höherer Überfettung greifen. Mit allerlei Zutaten von zusätzlichen Ölen bis zu Heilerde, Kräutern und duftenden ätherischen Ölen werden Haarseifen auf unterschiedliche Haartypen eingestellt.
Perfektes Paar: Seife und Saures
Haarseife ist unkompliziert in der Anwendung: Einfach in den Händen aufschäumen oder übers nasse Haar streichen, kurz einmassieren und mit reichlich Wasser ausspülen. Damit das Ergebnis glücklich macht, braucht es allerdings noch einen krönenden Abschluss: Die sogenannte saure Rinse. Das ist eine Mischung aus Wasser und Saurem, mit der das Haar zum Schluss gespült wird. Warum? Die saure Rinse neutralisiert den basischen ph-Wert der Seife. Denn der lässt das Haar aufquellen und stumpf wirken.
Dank Extra-Spülgang legt sich die äußere Schuppenschicht des Haares wieder hübsch an, das Haar wird griffig und glänzend – ein Muss für alle, deren Haar länger als ein halbes Streichholz ist, oder da, wo hartes Wasser aus der Leitung kommt. Die saure Rinse verhindert nämlich, dass sich der im Wasser enthaltene Kalk mit Seifenrückständen verbinden kann, was das Haar ebenfalls stumpf und rau macht. Das »Pi mal Daumen-Rezept« für eine saure Rinse: Zwei Esslöffel Essig oder Zitronensaft auf einen Liter Wasser, die schlauerweise vor der Wäsche angemischt und bereitgestellt werden. Wer mag, kann mittlerweile (war klar, oder?) saure Haarspülung auch schon fix und fertig kaufen.
Gewöhnungsbedürftig
Ob es wirklich das Haar ist, das sich umstellt oder der Mensch, der das Haar auf dem Kopf hat, das sei dahingestellt: Viele, die vom Shampoo zur Haarseife wechseln, berichten, dass sie ein bisschen Zeit gebraucht haben, bis sie sich an die neue Routine gewöhnt hatten und mit den Resultaten zufrieden waren, zumal das Haargefühl nach der Wäsche fester und griffiger ist.
Haarseife oder festes Shampoo, was ist denn nun besser?
Flasche im Stück: Festes Shampoo
Ein festes Shampoo ist ziemlich dasselbe wie ein flüssiges Shampoo – minus Wasser und Flasche. Hier sorgt nicht Seife für die Reinigungswirkung, sondern moderne Waschrohstoffe, Tenside genannt. Sie sorgen für Schaum und lösen Fett und Schmutz. Tenside, die für Naturkosmetik zugelassen sind, werden aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, Erdölchemie ist hier tabu. Je nach Haartyp werden auch die festen Shampoos mit weiteren Pflegestoffen abgestimmt. Die Anwendung ist die gleiche wie bei einer Haarseife. Anders als bei Haarseifen lässt sich der ph-Wert eines Shampoos ganz nach Wunsch einstellen und liegt meist im hautneutralen Bereich – Nachbehandlung ist hier überflüssig.
In Bestform: Fester Conditioner
Naturkosmetische Conditioner setzen auf pflanzliche Öle und Wachse, hinzu kommen weitere Pflegestoffe wie zum Beispiel Tonerde, Kräuterextrakte und ätherische Öle. Manchmal enthalten die Conditioner, genau wie die Flaschenprodukte auch, einen kleinen Tensidanteil, der das Ausspülen erleichtert. Nach der Haarwäsche wird das Produkt wie ein festes Shampoo angewendet, in den Haarlängen und ‑spitzen verteilt und nach der Einwirkzeit wieder ausgespült.
Genauer Blick – oder gleich Naturkosmetik
Auch wenn sie plastikfrei verpackt sind: Feste Haarseifen, Shampoos oder Conditioner werden nicht automatisch aus besseren Zutaten hergestellt. Aggressive Tenside, synthetische Farb- und Duftstoffe, problematische Zusatzstoffe können auch in Stückform auftreten. Wer hier auf Nummer sicher gehen will, und kein enzyklopädisches Rohstoff wissen hat, kauft am besten zertifizierte Naturkosmetik (zum Beispiel Cosmos, NaTrue oder EcoCert). Übrigens: Die überwältigende Mehrheit der naturkosmetischen festen Haarpflege ist auch vegan, viele Produkte enthalten nicht nur pflanzliche, sondern auch Bio-Zutaten.
Ein trockenes Plätzchen
Ob Haarseife, festes Shampoo oder Conditioner, eines haben die guten Stücke gemeinsam: Wenn sie nicht in Gebrauch sind, möchten sie gerne ein trockenes Plätzchen, zum Beispiel eine hübsche Seifenschale mit Löchern oder ein Säckchen, in dem sie luftig hängen dürfen. Müssen sie in der Dusche leben, werden sie weich und lösen sich schneller auf. So danken sie es mit Ergiebigkeit: Ein Stück reicht, je nach Hersteller und persönlichen Verwendungsgewohnheiten, circa zwei- bis dreimal länger als eine Flasche Shampoo – das ist nicht nur im Sinne der Umwelt, es spart auch bares Geld.
Eine für alle? Viele für jeden!
Haarseife oder festes Shampoo, was ist denn nun besser? Das kommt drauf an: Darauf, wen man fragt. Für die einen ist Seife das ursprünglichste Reinigungsmittel für Haut und Haar und das Nonplusultra. Für andere gehören Seife und Haar einfach nicht zusammen. Also kommt es am Ende auf eins an: Auf das eigene Haar und auf die eigenen Prioritäten und Bedürfnisse.
Wie beim Flüssigshampoo gilt es auszuprobieren, den Lieblingsduft, das perfekte Schaumverhalten fürs eigene Haar zu finden. Und das macht ja auch Spaß oder? Und das natürlich nicht auf Kosten der Umwelt. Schließlich findet sich im Naturkosmetik-Regal im Bio-Laden mittlerweile eine Auswahl, die selbst die Bewohner des eingangs erwähnten Shampoo Planets zufriedenstellen dürfte.