Schokolade ist unangefochten die Lieblingssüßigkeit der Deutschen: Nahezu acht Kilo pro Kopf wurden im vergangenen Jahr verspeist. Damit steht Deutschland europaweit auf Platz zwei, lediglich in der Schweiz wird noch mehr Schoko verbraucht. Umso schmerzhafter, dass die Preise für den Schokoladen-Grundrohstoff Kakao explodiert sind: Knapp 6.800 US-Dollar kostete eine Tonne Kakao im August 2024 auf dem Weltmarkt. Zum Vergleich: 2014 waren es noch ca. 2.900 Dollar — und ein Ende der »Schokoflation« ist nicht absehbar.
Massive Ernteverluste in Westafrika
Dafür gibt es mehrere Gründe: Ein großer Teil des Kakaos für den Weltmarkt stammt aus Westafrika, Länder wie Ghana und Elfenbeinküste zählen zu den Hauptlieferanten für Kakao. Doch 2023 fiel rund ein Drittel westafrikanischen Ernte aus: Eine Pflanzenkrankheit breitete sich dort aus und sorgte für massive Ernteverluste. Dass diese so heftig ausfielen, lag auch am periodisch auftretenden Wetterphänomen El Niño, das unter anderem zu extremer Nässe führte. Und natürlich: Die Klimakrise, deren Auswirkungen gerade den globalen Süden treffen, führt dazu, dass der Stress für die Ökosysteme vor Ort sich noch verstärken wird. Hinzu kommen strukturelle Probleme: Kakao wird nach wie vor überwiegend in kleinbäuerlichen Betrieben erzeugt. Die niedrigen Preise der Jahrzehnte davor hielten die Einkommen der Erzeuger:innen schmal, sodass sie nicht in die Verjüngung der Kakaobäume investieren konnten. Das rächte sich jetzt, denn im überalterten Baumbestand haben Krankheiten und Schädlinge leichtes Spiel. Das gilt erst recht, wenn die Bäume konventionell in Monokulturen angebaut werden.
Kakao als Spekulationsobjekt
Auf dem Weltmarkt führten die Ernteausfälle in Westafrika zu einer Verknappung des Angebots. Gleichzeitig steigt die Nachfrage kontinuierlich, denn auch in asiatischen Ländern wie China steigt der Kakaoverbrauch. Das alleine hätte schon zu Preissteigerungen geführt. Aber damit nicht genug: Das Angebotsdefizit rief zusätzlich Spekulation auf den Plan — mit der Knappheit wurde und wird an den Börsen zusätzliches Geld verdient, auf Kosten von Produzent:innen und Konsument:innen.
Bio-Tafeln häufig mit hohem Kakaogehalt
Die Knappheit am Weltmarkt betrifft alle, die Kakao verarbeiten. Konventionelle Unternehmen und Bio-Firmen sahen sich gezwungen, ihre Preise zu erhöhen. Im konventionellen Bereich lässt sich zudem beobachten, dass Rezepturen »optimiert« werden, zum Beispiel mit kakaofreien Schokoladenalternativen. Bio-Schokoladenmarken macht die Situation allerdings besonders zu schaffen, denn dort sind gerade Schokoladen mit einem hohen Kakaoanteil von bis zu 99 oder gar 100 Prozent besonders beliebt und machen einen hohen Anteil im Sortiment aus. Häufig finden sich im Bio-Regal auch Sorten, die mit Kakaos aus definierten Herkunftsländern wie Ghana, Ecuador oder Costa Rica oder aus speziellen Edelkakaos wie Criollo, Trinitario oder Nacional hergestellt werden. Deshalb können die Bio-Schokoladenfirmen nicht einfach Kakao von irgendwo zusammenkaufen oder mischen.
Gerangel um südamerikanische Kakaoernten
Bio-Kakao kommt häufig gar nicht aus Westafrika, sondern aus Südamerika, zum Beispiel Ecuador, Costa Rica oder der Dominikanischen Republik. Dort gedeiht der Bio-Kakao in Mischkulturen. Zwischen Erzeugenden und deutschen Bio-Firmen gibt es zum Teil langfristige Lieferbeziehungen. Problematisch ist die Lage trotzdem: Denn natürlich versuchen alle Marktbeteiligten, sich nun auf dem südamerikanischen Kontinent einzudecken. Das führt im Extremfall dazu, dass der Kakao dort direkt auf der Straße aufgekauft wird. Sollten sich die westafrikanischen Kakao-Erträge nicht erholen, könnte sich die Wettbewerbssituation im Einkauf zukünftig noch weiter verschärfen.
Steigende Preise — keine besseren Lebensbedingungen vor Ort
Wenn die Kakaopreise steigen und das Produkt gefragt ist, dann sollten das doch wenigstens gute Nachrichten für die Anbauenden sein, könnte man denken. Doch speziell der Kakao aus Westafrika ist leider nur auf dem Weltmarkt unbezahlbar. Denn in den jeweiligen Ländern gibt es einen staatlich festgelegten Preis. Eigentlich soll dieser den Anbauenden einen Mindestpreis garantieren. Doch wenn die Nachfrage steigt und die Ernte schlecht ausfällt, können sie ihn nicht erhöhen. Das führt aktuell dazu, dass in Afrika nur 20 Prozent der aktuellen Preissteigerungen bei den Kakaobäuer:innen ankommen, während es in der Dominikanischen Republik immerhin 80 Prozent sind. Existenzsichernde Einkommen, ein Ende der Kinderarbeit und faire Strukturen für alle, die Kakao erzeugen: Das ist immer noch eine Utopie und es steht zu befürchten, dass diese Ziele in den Hintergrund geraten.
Kakao, und damit Schokolade, ist teurer geworden. Das tut weh, schon klar. Aber was brauchen wir, was braucht die Welt nötiger: Schokolade für 79 Cent pro 100 Gramm oder resiliente Kakaoplantagen, faire Löhne und Kinder, die zur Schule gehen? Schokolade ist kein Grundnahrungsmittel (ja, schon gut, ein bisschen vielleicht schon). Mit der Entscheidung für hochwertige, faire Bio-Schokoladen können wir nicht nur in der Weihnachtszeit ein Zeichen setzen: Für echten Genuss und eine anständige Welt.