Der Tag, an dem zum ersten Mal die dicke Jacke angezogen wird. Der Morgen, an dem man beim Radfahren wieder Handschuhe braucht: Nicht nur Sandalen und Shorts werden beiseite geräumt: Auch die spritzig leichte Lotion, das erfrischende Gel, die uns so gut durch die heißen Tage gebracht haben, fühlen sich plötzlich nicht mehr richtig an.
Dass wir nicht nur Jacken, sondern auch Hautpflege mit den Saisons wechseln, hat aber nicht nur gefühlte Gründe: Zwar gelten Herbst und Winter als die nasskalte Jahreszeit, aber speziell im Winter ist die Luft viel trockener als im Sommer – das entzieht der Haut Feuchtigkeit. Auch den Wechsel zwischen Kälte und Heizungsluft findet die Haut nicht so toll, ebensowenig wie die Tatsache, dass sie von oben bis unten eingemummelt wird. Und immerhin ist sie das größte Organ des menschlichen Körpers – Grund genug, liebevoll für sie zu sorgen.
Von Leicht- bis Schwergewicht
Der Klassiker der Körperpflege ist die Körper‑, beziehungsweise Bodylotion. Dabei handelt es sich um eine Öl-in-Wasser-Emulsion, die Fett und Feuchtigkeit gleichermaßen liefert. Von ganz leicht bis richtig reichhaltig ist bei den Rezepturen alles machbar, weitere Pflegestoffe lassen sich ebenfalls integrieren. Damit das Ganze schön cremig und nicht wie eine Salatsoße aus der Flasche kommt, braucht es Emulgatoren, und weil relativ viel Wasser enthalten ist, muss auch die Haltbarkeit gewährleistet sein. Wer auf Naturkosmetik setzt, kann sicher sein, dass es sich dabei um milde Emulgatoren auf pflanzlicher Basis handelt und Bedenkliches, wie zum Beispiel PEG außen vor bleibt.
Und was die Haltbarkeit angeht, kann Naturkosmetik tatsächlich mit konventionellen Produkten locker mithalten, ausgeklügelte Rezepturen und hohe Produktionsstandards machen es möglich. Bei der Kosmetik ist es übrigens wie beim Kochen: Die Qualität steht und fällt mit den Zutaten: Es macht schon einen fühlbaren Unterschied, ob Kostbares wie Mandel, Aprikose, Argan oder Sheabutter in der Flasche steckt oder Paraffine und Silikone, die in konventioneller Kosmetik dafür sorgen, dass sich die Haut zwar gut anfühlt, aber eigentlich nur glatt versiegelt wurde.
Was wir interessant finden: Sommer- und Winterpflege trennen sich nicht nur beim Thema Reichhaltigkeit, sondern auch beim Thema Duft. Während die leichten, feuchtigkeitsbetonten »Sommer«-Lotionen häufig frisch und spritzig, gerne mit Zitrusnoten duften, setzen die reichhaltigen Varianten auf warme, umhüllende, würzige Düfte – sogar ausgesprochen gewürzige Winter-Editionen finden sich im Naturkosmetik-Regal.
Back to the Basics
Wenn die Qualität einer Körperlotion so entscheidend von der Qualität der verwendeten Öle abhängt, warum dann nicht gleich direkt zum Öl greifen? Nicht nur Minimalismus- und Purismus-Fans beantworten diese Frage mit einem klaren: Genau! Schließlich ähneln die Lipide im Öl den Fettmolekülen in der Haut und können deshalb von ihr gut aufgenommen werden. Und sie bringen gleich ihre eigenen wertvollen Vitamine, Fettsäuren und Pflanzenbegleitstoffe mit – jedes Öl seine eigenen. Neben alten Bekannten wie Oliven‑, Sonnenblumen‑, Mandel- oder Jojobaöl werden in der Naturkosmetik auch gerne so genannte Wirkstoff-Öle eingesetzt. Häufig ist bei ihnen die Ausbeute geringer, wie zum Beispiel beim Wildrosen- oder Nachtkerzenöl, gleichzeitig sind sie konzentriert und intensiv. Bei Pflanzenölen lohnt es sich, darauf zu achten, dass es sich wirklich um hundert Prozent reine, am besten native, also möglichst naturbelassene Öle handelt – am liebsten natürlich aus Bio-Anbau, was bei Naturkosmetik nicht immer, aber immer öfter der Fall ist. Im Bio-Laden gibt es nicht nur die puren Öle, sondern auch die passenden Mischungen für jeden Hauttyp, oft zusätzlich mit Kräuterauszügen und ätherischen Ölen.
Seid Ihr auch schon mal über den Begriff »trockenes Öl« gestolpert? Die gibt es wirklich: Manchmal werden Öle, die mehr als 50 Prozent ungesättigte Fettsäuren enthalten so bezeichnet – zum Beispiel Weizenkeimöl. Sie sollen schneller einziehen. Andere, wie Sesam- oder Aprikosenkernöl, enthalten weniger davon und wirken deshalb »fettiger«. Sie werden deshalb auch gerne als Basis für Massageöle verwendet. Fast alle Körperöle eignen sich auch bestens als Massageöle – eine feine Beschäftigung für dunkle Wintertage, die Körper und Seele gleichermaßen zugute kommt.
Aufstrich für die Haut
Wem die Körperlotion zu leicht und das Öl zu »schlippschig« ist, hat noch eine weitere natürliche Option: Die so genannte Body-Butter. Die feste Pflege aus Ölen, Fetten und Wachsen schmilzt erst im Kontakt mit der warmen Haut. Sie ist sowohl in Dosen, als auch in Stückform erhältlich. Die klassischen Rezepturen sind wasserfrei, Shea- und Kakaobutter sind oft die Basis. Auch Body-Butter gibt es pur sowie in fein bedufteten Varianten. Wenn Ihr ein wasserfreies Produkt haben möchtet, schaut – zumindest bei Dosen und Gläsern – noch mal auf die Zutatenliste: Der Übergang zwischen reichhaltigen Körpercremes und Körperbutter ist nämlich ein bisschen unscharf.
Einziehen und anziehen
Sowohl Körperöle als auch Body-Butter werden am besten gleich nach Dusche oder Bad in die noch leicht feuchte Haut einmassiert. Dann können die wasserfreien Produkte nämlich schnell und besonders gut auch in tiefere Hautschichten einziehen und dort ihre pflegende Wirkung entfalten.
Es spricht einiges dafür, die große, liebevolle Cremerei nicht in der morgendlichen Hektik, sondern gemütlich am Abend zu erledigen. Das Luftbad im gemütlich warmen Badezimmer genießt die Haut sehr. Übrigens, habt Ihr eine Uhr im Badezimmer? Wetten, dass die »gefühlte Einziehzeit« länger ist als die reale? Und wo wir gerade beim Wasser sind: Es ist unheimlich verlockend, sich in einem heißen Bad oder mit einer ausgiebigen heißen Dusche aufzuwärmen, gerade wenn man – wie fast die ganze Bioboom-Redaktion – zu den so genannten Frostkötteln gehört, die winters selbst drinnen am Schreibtisch einen dicken Schal tragen und ihren heißen Teebecher umklammern. Doch leider werden so auch die hauteigenen Lipide aus den oberen Hautschichten gelöst, was für die Haut mehr Trockenheit und zusätzlichen Stress bedeutet.
Bioboom-Fazit: Ob Körperlotion, ‑öl oderBody-Butter – sie alle versorgen die gestresste Haut im Winter mit einer dringend benötigten Portion Extra-Pflege. Wer dabei auf Naturkosmetik setzt, kann sicher sein, dass der Verwöhn-Effekt auch nachhaltig ist.
Dieser Beitrag erschien in Ausgabe 89 — Winter 2020