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Nach­hal­tig Put­zen
Sau­be­re Lösungen

Nachhaltig putzen – mit weniger Chemie, weniger Produkten, weniger Verpackung und gerne auch weniger Stress.
Bioboom – Ausgabe 98 – Nachhaltig Putzen
Bioboom – Ausgabe 98 – Nachhaltig Putzen

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Früh­jahrs­putz – ach, das klingt groß­ar­tig. Mit dem Staub auch gleich das Ver­staub­te ent­sor­gen, ein strei­fen­frei­er Neu­an­fang in Räu­men, die jedem Über­ra­schungs­be­such ent­ge­gen­blit­zen … die Rea­li­tät sieht oft anders aus und das ist auch gar nicht so schlimm.

 

Denn das A und O eines rea­lis­ti­schen Sau­ber­keits­le­vels sind eher die Rou­ti­nen, weiß Anke Schmidt. Sie bloggt auf Was­teless Hero und ist Autorin des Buches ›Schlau­er Put­zen‹. »Natür­lich ist es toll, wenn man ­gele­gent­lich mal ein gro­ßes Grund­rei­ne­ma­chen ver­an­stal­tet. Da kann man zum Bei­spiel die Wasch­ma­schi­ne abrü­cken und dahin­ter sau­ber machen. Aber viel ein­fa­cher und auf Dau­er erfolg­ver­spre­chen­der ist es, jeden Tag ein biss­chen zu machen.« Und wer defi­niert über­haupt, wann etwas sau­ber ist? Für Sau­ber­keit im Haus­halt exis­tiert (glück­li­cher­wei­se) kei­ne DIN-Norm. »Das ist eine Fra­ge, die hängt ganz vom Indi­vi­du­um ab«, fin­det Anke Schmidt. Spe­zi­ell in Küche und Bad sei eine gewis­se Hygie­ne schon wich­tig. »Aber ob man sich nur wohl fühlt, wenn man nach jedem Hän­de­wa­schen die Arma­tur abtrock­net oder ob auf dem Küchen­tisch auch mal ein paar Krü­mel lie­gen dür­fen, das ist indi­vi­du­ell sehr unterschiedlich.«

 

Wie sau­ber für uns sau­ber ist und wie wir put­zen, das scheint vor allem über unser Eltern­haus ange­legt zu wer­den, wie der Indus­trie­ver­band Kör­per­pfle­ge und Wasch­mit­tel (IKW) in sei­ner Stu­die ›So putzt Deutsch­land‹ 2022 fest­stellt. Der Grund dafür klingt ein­leuch­tend: Men­schen ler­nen über Vor­bil­der. Aber: »Man sieht sel­ten Freun­den oder Bekann­ten beim Put­zen zu. Man sieht nur eine sau­be­re Woh­nung, hat aber kei­ne Infor­ma­ti­on über den Weg dahin.«

 

5,1 Mil­li­ar­den Euro für Putzmittel

 

Egal, ob Ihr allei­ne oder mit ande­ren, nach aus­ge­klü­gel­ten Rou­ti­nen oder völ­lig spon­tan putzt: Ohne die pas­sen­den Rei­ni­gungs­mit­tel läuft nichts. Und davon wer­den in Deutsch­land jedes Jahr jede Men­ge gekauft: 5,1 Mil­li­ar­den Euro betrug der Umsatz mit dem Seg­ment laut IKW 2022. Die Coro­na-Pan­de­mie befeu­er­te die Umsät­ze mit allem, was sau­ber mach­te, aktu­ell geht die Ten­denz wie­der in Rich­tung Nor­mal­ni­veau. Aber wel­che Putz­mit­tel braucht man wirk­lich? Auch hier hängt die Ant­wort davon ab, wen man fragt.

 

Das Ange­bot im kon­ven­tio­nel­len Bereich ist auf jeden Fall über­wäl­ti­gend: Neben den her­kömm­li­chen Spül­mit­teln, Glas­rei­ni­gern und so wei­ter fin­den sich dort jede Men­ge Spe­zi­al­pro­duk­te für jeden denk­ba­ren Fall: Da wären zum Bei­spiel die feuch­ten ›Boden­tü­cher mit Fri­sche-Duft‹, der ›Hygie­ne­r­ei­ni­ger Kühl­schrank mit Bio-Alko­hol‹, die ›Kaf­fee­ma­schi­nen-Rei­ni­ger-Tabs‹ oder der vio­let­te ›WC-Stein mit Magno­li­en­duft‹. Sie alle ver­spre­chen Sau­ber­keit ohne viel Anstren­gung – und natür­lich per­fek­te Hygie­ne. »Eini­ge Rei­ni­gungs­mit­tel erwe­cken den Ein­druck, als gehe es beim Put­zen um einen Kampf gegen gefähr­li­che Mäch­te«, spöt­telt die Ver­brau­cher­zen­tra­le Nord­rhein-West­fa­len dazu auf ihrer Website.

 

Har­te Che­mie: Gän­gig, aber unnötig

 

Denn in die­sem Kampf scheint jedes Mit­tel recht: Aggres­si­ve Ten­si­de, blei­chen­de Sub­stan­zen, Duft­stof­fe, Löse­mit­tel, orga­ni­sche und anor­ga­ni­sche Säu­ren, Weich­ma­cher … die Lis­te ist lang. Sie belas­ten nicht nur die Umwelt, son­dern kön­nen auch All­er­gien, Haut­schä­den und Pro­ble­me mit den Atem­we­gen ver­ur­sa­chen, zumal vie­le Mit­tel gesprüht wer­den. Dabei geht es auch anders, wie die Frak­ti­on der Putz-Mini­ma­lis­ten beweist: Sie kau­fen über­haupt kei­ne Putz- und Rei­ni­gungs­mit­tel, son­dern arbei­ten mit ganz ein­fa­chen tra­di­tio­nel­len Sub­stan­zen wie Natron, Zitro­nen­säu­re, Essig, Alko­hol etc. Dabei geht es ihnen nicht nur dar­um, die Umwelt und ihren Haus­halt nicht mit che­mi­schen Sub­stan­zen zu belas­ten, son­dern auch dar­um, Ver­pa­ckun­gen zu vermeiden.

 

»Nach­hal­tig zu put­zen, das war frü­her kein The­ma für mich. Plas­tik ver­mei­den, kei­nen Müll pro­du­zie­ren – das war mein Weg. Und weil Putz­mit­tel oft wahn­sin­nig auf­wän­dig in Plas­tik ver­packt sind, kam ich zu der Fra­ge, was neh­me ich denn jetzt. Heu­te stel­le ich die meis­ten Pro­duk­te aus ein­fa­chen Basics selbst her, egal, ob Spül­mit­tel oder WC-Rei­ni­ger. Nur den Rei­ni­ger für die Geschirr­spül­ma­schi­ne und Wasch­mit­tel kau­fen wir doch fer­tig.« Die meis­ten Haus­hal­te dürf­ten einen Mit­tel­weg gehen: Sie kau­fen Putz­mit­tel und set­zen dabei auf eine Hand­voll Basics wie Geschirr­spül­mit­tel und WC-Rei­ni­ger, Glas- und All­zweck­rei­ni­ger. Doch nicht nur in Spe­zi­al­rei­ni­gern, auch in die­sen Pro­duk­ten kön­nen selbst­ver­ständ­lich schäd­li­che Sub­stan­zen ent­hal­ten sein.

 

Bio bie­tet öko­lo­gi­sche Alternativen

 

Da muss es doch Alter­na­ti­ven geben? Na klar – bereits Ende der 70er, Anfang der 80er Jah­re ent­ste­hen mit Sonett und Soda­san die ers­ten öko­lo­gi­schen Putz- und Rei­ni­gungs­mit­tel­fir­men. Auch wenn sie kei­ne Lebens­mit­tel her­stel­len, zäh­len sie defi­ni­tiv zu den Bio-Pio­nier­un­ter­neh­men. »Die meis­ten haben frü­her bei Bio aus­schließ­lich an Lebens­mit­tel gedacht«, erzähl­te Soda­san-Mit­grün­der Jür­gen Hack Bio­boom 2017. Dabei punk­ten Unter­neh­men wie Sonett, Soda­san und das 1993 gegrün­de­te Alma­Win mit Pro­duk­ten, die, wie es bei Soda­san heißt, »sau­ber sau­ber machen« und bes­tens zu einem nach­hal­ti­gen Lebens­stil pas­sen. Sie ver­wen­den kei­ne Roh­stof­fe aus Erd­öl­che­mie oder Gen­tech­nik, kein Mikro­plas­tik, kei­ne syn­the­ti­schen Farb- und Duft­stof­fe. Statt des­sen sor­gen Sei­fen oder mil­de Ten­si­de aus nach­wach­sen­den Roh­stof­fen und Düf­te aus natür­li­chen äthe­ri­schen Ölen für Wohl­fühl-Sau­ber­keit. Klingt über­zeu­gend, oder? Trotz­dem liegt der Umsatz mit öko­lo­gi­schen Putz- und Rei­ni­gungs­mit­teln weit unter dem mit Bio-Lebens­mit­teln: Nur jede:r zehn­te, so schätzt man, kauft im Bio-Markt auch Putz- und Rei­ni­gungs­mit­tel. Wor­an liegt‘s? Den Angst­geg­ner Schmutz mit Samt­hand­schu­hen anfas­sen? Das kommt nicht infra­ge – vie­le haben Angst, dass öko­lo­gi­sche Rei­ni­ger nicht sau­ber genug machen. »Vie­le Men­schen ver­bin­den mit Sau­ber­keit ganz bestimm­te Gerü­che, eben genau die­se stren­gen Zitrus- oder sogar Chlor­ge­rü­che kon­ven­tio­nel­ler Rei­ni­ger«, stellt Blog­ge­rin Anke Schmidt fest. Schnell ent­steht so der (fal­sche) Umkehr­schluss: Riecht nicht – macht nicht rich­tig sau­ber. Und wie alle Pro­duk­te im Bio-Markt, ste­hen auch die Öko-Putz­mit­tel unter dem Gene­ral­ver­dacht, teu­er zu sein. Natür­lich kos­ten öko­lo­gi­sche Mar­ken-Rei­ni­gungs­mit­tel mehr, als ein No-Name-Pro­dukt aus dem Super­markt. Aber mal ganz abge­se­hen von den öko­lo­gi­schen Vor­tei­len und der bes­se­ren Ver­träg­lich­keit: Vie­le der ›Ökos‹ sind hoch­kon­zen­triert und man braucht nur weni­ge Sprit­zer – betrach­tet man die Kos­ten pro Anwen­dung, rela­ti­viert sich der Preis auf ein paar Cent pro Anwendung.

 

 

Weni­ger ist mehr

 

Punk­ten kön­nen öko­lo­gi­sche Rei­ni­gungs­mit­tel auch, wenn es um die Ver­pa­ckung geht: Kon­zen­tra­te benö­ti­gen weni­ger Ver­pa­ckungs­ma­te­ri­al, Nach­füll­pa­ckun­gen und Kanis­ter­sys­te­me spa­ren zusätz­lich ein, fes­te Pro­duk­te bie­ten Alter­na­ti­ven zur Fla­sche. Gute Grün­de, den Putz­mit­tel-Ein­kauf mit dem Bio-Ein­kauf zu erle­di­gen. Und apro­pos Nach­hal­tig­keit, ein Abschluss­tipp von Anke Schmidt: »Frü­her haben wir gele­gent­lich und dann stun­den­lang mit ordent­lich Putz­mit­tel geputzt. Jetzt las­sen wir gar kei­ne Rie­sen­dreck­ber­ge mehr ent­ste­hen. Das geht nicht nur schnel­ler, son­dern so ist Nach­hal­tig­keit viel ein­fa­cher zu verwirklichen.«

 

Buchtipp Schlauer Putzen im Bioboom Artikel Saubere Lösungen

Anke Schmidt
Schlau­er put­zen, 128 Seiten, 
Ver­lag Eugen Ulmer, 16,00 € (D)

 

→ Jea­ni­ne Tovar

 


Die­ser Bei­trag erschien in Aus­ga­be 98 — Früh­jahr 2023

Bioboom Cover der Frühjahrsausgabe 2023 Nr. 98

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Prof. Dr. Clau­dia Horn­berg ist Vor­sit­zen­de des Sach­ver­stän­di­gen­rats für Umwelt­fra­gen (SRU). Das Gre­mi­um berät die Bun­des­re­gie­rung in der Aus­rich­tung ihrer Umwelt­po­li­tik. Im Som­mer 2023 ver­öf­fent­lich­te der SRU das Son­der­gut­ach­ten »Umwelt und Gesund­heit kon­se­quent zusam­men denken«.

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