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Bioboom-Interview-Doktor-Niels-Kohlschütter

Inter­view
»Ver­än­de­run­gen
brau­chen lan­gen Atem«

Dr. Niels Kohlschütter ist Geschäftsführer der Schweisfurth Stiftung. Er ist ebenfalls im Vorstand des Bündnisses für eine enkeltaugliche Landwirtschaft, in dem die Schweisfurth Stiftung Mitglied ist. In diesem Bündnis haben sich Bio-Unternehmen aus Handel und Herstellung sowie zivilgesellschaftliche Organisationen zusammengeschlossen, um sich für eine fundamentale Wende der Landbewirtschaftung und der Nahrungserzeugung einzusetzen.
Bioboom – Interview mit Dr. Niels Kohlschütter – Veränderungen brauchen langen Atem
Bioboom – Interview mit Dr. Niels Kohlschütter – Veränderungen brauchen langen Atem

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2020 ver­öf­fent­lich­te das Bünd­niss sie zusam­men mit dem Umwelt Insti­tut Mün­chen e. V. die Stu­die »Pes­ti­zid-Belas­tung der Luft«. An der Ent­ste­hung der Stu­die waren neben dem For­schungs­bü­ro TIEM und Labo­ren auch zahl­rei­che Pri­vat­per­so­nen und Bio-Unter­neh­men betei­ligt. Bio­boom Redak­teu­rin Jea­ni­ne Tovar hat mit Niels Kohl­schüt­ter dar­über gespro­chen, was die Ergeb­nis­se der Stu­die bewirkt haben, wie »Citi­zen Sci­ence« Men­schen mobi­li­sie­ren kann und wel­che Wege und Pro­zes­se in eine enkel­taug­li­che Zukunft füh­ren können.

 

JT Eure Stu­die hat Daten zu einem Bereich gelie­fert, zu dem es vor­her kei­ne Infor­ma­tio­nen gab, bezie­hungs­wei­se sie hat etwas belegt, was bis­her als nicht exis­tent galt, näm­lich dass sich Pes­ti­zi­de über die Luft, die wir atmen, bis in die ent­le­gens­ten Win­kel Deutsch­lands ver­brei­ten. Wie war die Reak­ti­on der Öffentlichkeit?

 

NK Das Grund­ziel des Bünd­nis­ses ist ein sehr lang­fris­ti­ges, näm­lich dass in Deutsch­land eine enkel­taug­li­che – und das heißt für uns pes­ti­zid­freie – Land­wirt­schaft betrie­ben wird. Da reicht es nicht, eine Stu­die zu machen und zack, es ändert sich etwas. Aber die direk­te, kurz­fris­ti­ge Reak­ti­on, die war doch über­ra­schend inten­siv. Wir hat­ten Glück, weil die dama­li­ge Umwelt­mi­nis­te­rin Sven­ja Schul­ze die Stu­die per­sön­lich in Emp­fang genom­men hat, noch dazu an ihrem Geburts­tag. Das hat natür­lich die Wahr­neh­mung in den Medi­en erhöht. Es gab wirk­lich eine brei­te Bericht­erstat­tung, von tagesschau.de bis hin zu land­wirt­schaft­li­chen Maga­zi­nen, und die Daten haben viel Auf­merk­sam­keit erfah­ren und vie­le Men­schen haben das The­ma wahrgenommen.

 

JT Also defi­ni­tiv ein schö­ner Erfolg. Wel­che Rol­le hat Citi­zen Sci­ence, also die direk­te Betei­li­gung von Bürger:innen für die­se Stu­die gespielt? Oder anders gefragt: Hät­te man die Stu­die nicht auch »ganz nor­mal« durch­füh­ren können?

 

NK Theo­re­tisch ja, aber es wäre schwie­ri­ger gewe­sen. Wir haben im Vor­feld der Pla­nung nach Part­nern wie staat­li­chen Insti­tu­tio­nen, Prüf­la­bo­ren und Prüf­ein­rich­tun­gen Aus­schau gehal­ten. Es gab ein­fach kei­ne öffent­li­che oder insti­tu­tio­nel­le Struk­tur, die das so hät­te leis­ten kön­nen oder machen wol­len. Am Ende besteht eine gro­ße Stär­ke der Stu­die dar­in, dass über 160 Stand­or­te in ganz Deutsch­land ein­be­zo­gen wur­den, von Natur­schutz­ge­bie­ten bis zu urba­nen Bal­lungs­zen­tren. So vie­le Stand­or­te – die wol­len betreut wer­den. Das war nur zu stem­men, weil es Men­schen gab, die das als Gemein­schafts­auf­ga­be gese­hen, die nach den Mess­sta­tio­nen geschaut, Fil­ter gewech­selt, Pro­ben ein­ge­schickt haben. Und natür­lich ist ein wei­te­rer total schö­ner Neben­ef­fekt, dass alle die­se Betei­lig­ten Multiplikator:innen für das The­ma gewor­den sind.

 

JT Wie waren denn die Stim­men aus der Wis­sen­schaft? Das The­ma Pes­ti­zi­de wird ja sehr kon­tro­vers dis­ku­tiert. Gab es Kri­tik an der Metho­dik, Daten­qua­li­tät oder eben der Tat­sa­che, dass die Daten von Lai­en erho­ben wurden?

 

NK Nein, über­haupt nicht. Aller­dings: Die Reso­nanz aus den Ver­bän­den der Agrar-Indus­trie, von Pes­ti­zid-Her­stel­lern wie Bay­er usw. die war natür­lich sehr nega­tiv. Da ging es aber gar nicht um die Metho­dik oder die Daten, son­dern dar­um, die Ergeb­nis­se im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes klein­zu­re­den, so nach dem Mot­to: Ach, die Men­gen sind so klein, das spielt doch gar kei­ne Rol­le. Oder zu rela­ti­vie­ren, indem unzu­tref­fen­de Ver­glei­che gezo­gen wur­den. Das war eher so eine Nebelkerzen-Diskussion.

 

JT Aus der Ecke hat­tet Ihr aber ver­mut­lich eh kein Lob erwartet?

 

NK Nein, aber wir haben uns durch­aus geehrt gefühlt, dass so inten­siv dar­auf ein­ge­gan­gen wur­de, das ist ja auch eine Art von Kom­pli­ment… Wir haben die Ergeb­nis­se sehr trans­pa­rent zur Ver­fü­gung gestellt, als Excel-Tabel­len, jeder kann rein­gu­cken, jeder kann nach­rech­nen. Jeder kann mit den Ergeb­nis­sen wei­ter­ar­bei­ten. Es gab tat­säch­lich eine kri­ti­sche Nach­fra­ge zu einem bestimm­ten Sach­ver­halt. Das haben wir geprüft und konn­ten fest­stel­len — nein, es ist kon­sis­tent. Damit war die Kri­tik auch vom Tisch.

 

 

Bioboom – Interview mit Dr. Niels Kohlschütter – Veränderungen brauchen langen Atem

»Die Pro­ble­me wer­den nicht ver­schwin­den und wir müs­sen ler­nen, damit umzu­ge­hen. Die Fra­ge ist, wie wer­den wir das tun? Und da sind wir wie­der bei der Alter­na­ti­ve zwi­schen tech­ni­schen und ganz­heit­li­chen Lösungen.«

 

JT Trans­pa­renz schaf­fen, Mul­ti­pli­ka­to­ren ein­bin­den – das hat für mich eine hohe Rele­vanz in einer Zeit, in der wir ja auch ziem­lich viel Wis­sen­schafts­skep­sis erle­ben. Citi­zen Sci­ence bringt Wissenschaftler:innen und Bürger:innen in Kon­takt mit­ein­an­der. Was meinst Du, kön­nen sol­che Pro­jek­te auch einen Bei­trag dazu leis­ten, eine Brü­cke zu schla­gen zwi­schen der »abge­ho­be­nen For­schung« und dem »rich­ti­gen Leben«?

 

NK Ja, das glau­be ich schon. Im Bereich Citi­zen Sci­ence gibt es ver­schie­de­ne Ansät­ze. Das, was wir gemacht haben, war ja nur bedingt par­ti­zi­pa­tiv. Von vor­ne­her­ein war klar, was die Fra­ge­stel­lung ist, wel­che Ver­fah­ren genutzt wer­den und wel­che Tätig­kei­ten Betei­lig­te über­neh­men kön­nen. Genau des­halb hat die Stu­die eine wis­sen­schaft­lich soli­de Basis. Ein ande­rer Ansatz bei Citi­zen Sci­ence ist, dass man die For­schungs­an­sät­ze selbst direkt mit den Men­schen, die dabei sind, gemein­sam ent­wi­ckelt und dis­ku­tiert, wodurch noch ein­mal deut­lich mehr Betei­li­gung mög­lich wird. Es gab zum Bei­spiel ein Citi­zen Sci­ence-Pro­jekt, das sich gezielt an Schü­le­rin­nen und Schü­ler gewen­det hat. Es ging dar­um, Sie­gel und Aus­sa­gen auf Fisch­pro­duk­ten zu über­prü­fen. Die Schüler:innen haben sich ange­se­hen, wel­che Aus­sa­gen gemacht wer­den und konn­ten Pro­ben der Fisch­pro­duk­te ein­schi­cken. Dann wur­de im Labor ana­ly­tisch nach­ge­prüft, ob der Fisch zum Bei­spiel wirk­lich aus dem ange­ge­be­nen Fang­ge­biet stamm­te. Das Pro­jekt kam zu dem Ergeb­nis, dass das, was auf der Packung stand, oft nicht mit der Rea­li­tät über­ein­stimm­te. Das war natür­lich nicht so schön. Aber es hat­te zur Fol­ge, dass die Schü­le­rin­nen und Schü­ler mit­be­kom­men haben, dass sie auf­pas­sen müs­sen, wenn ihnen von Mar­ken etwas ver­spro­chen wird. Für die Her­stel­ler war der Lern­ef­fekt, hopp­la, wir müs­sen schon auf­pas­sen und ein­hal­ten, was wir ver­spre­chen. Und die Poli­tik hat den Hin­weis gekriegt: Hey, man kann sich nicht nur ein­fach freu­en, dass es jetzt Sie­gel gibt, man muss die Ein­hal­tung auch über­prü­fen. Also, Citi­zen Sci­ence kann Resul­ta­te auf ver­schie­de­nen Ebe­nen erzie­len. Die Stu­die zur Pes­ti­zid­be­las­tung der Luft hat zum Bei­spiel wesent­lich dazu bei­getra­gen, dass nun ein staat­li­ches Moni­to­ring der Luft auf Pes­ti­zid­wirk­stof­fe vor­be­rei­tet wird.

 

JT Durch For­schung Fak­ten zu ermit­teln, ist das eine. Sie der Öffent­lich­keit zu ver­mit­teln, so dass sie gesell­schaft­li­che The­men wer­den und am Ende poli­ti­sches Han­deln aus­lö­sen, das ist das ande­re. Auch dafür enga­giert sich das Bünd­nis für eine enkel­taug­li­che Land­wirt­schaft. Was tut Ihr, um Eure The­men in Hand­lungs­im­pul­se umzusetzen?

 

NK Als Bünd­nis für eine enkel­taug­li­che Land­wirt­schaft spre­chen wir zwei Ebe­nen an: Zum einen die deut­sche und euro­päi­sche Poli­tik. Bis jetzt galt, dass sich Pes­ti­zi­de nicht durch die Luft ver­brei­ten. Wenn das jetzt durch hand­fes­te For­schungs­er­geb­nis­se wider­legt wird, dann muss das Zulas­sungs­ver­fah­ren für Pes­ti­zi­de auf EU-Ebe­ne ange­passt wer­den. Wir haben zum Bei­spiel ein Webi­nar mit EU-Par­la­men­ta­ri­ern gemacht, in Koope­ra­ti­on mit dem Büro von Mar­tin Häus­ling (Anm. d. Red.: Häus­ling ist agrar­po­li­ti­scher Spre­cher der Frak­ti­on der Grünen/Freie Euro­päi­sche Alli­anz im Euro­päi­schen Par­la­ment). An der Online-Ver­an­stal­tung haben über 200 Men­schen aus Poli­tik, Pres­se sowie For­schung aber auch Wirt­schaft teil­ge­nom­men. So konn­ten wir das The­ma genau dort plat­zie­ren, wo dis­ku­tiert und ent­schie­den wird. Auch auf Bun­des­ebe­ne ver­su­chen wir, die Stel­len zu errei­chen, an denen die Ent­schei­dun­gen getrof­fen wer­den. Um Rah­men­be­din­gun­gen zu ändern, braucht es eine Bereit­schaft, sie zu ändern. Dazu gehört eine Sen­si­bi­li­sie­rung der Gesell­schaft genau­so wie der Poli­tik. Also ist es wich­tig, dass wir das The­ma auch in die Gesell­schaft tra­gen, mit dem Ziel, einen gesell­schaft­li­chen Kon­sens her­zu­stel­len. Das tun wir durch Infor­ma­ti­ons­ar­beit, Bro­schü­ren usw. Dabei arbei­ten wir eng mit Bio-Her­stel­lern, dem Bio-Fach­han­del und dem Bran­chen­ver­band BNN zusam­men. So errei­chen wir Men­schen, die für die­ses The­ma offen sind – aber natür­lich geht es letzt­lich dar­um, dass wir aus die­ser »Bio-Bla­se« raus­kom­men. Da gilt es, dranzubleiben.

 

JT Das sind ja auch ganz schön dicke Bret­ter, die da gebohrt wer­den müs­sen … Stich­wort »raus aus der Bla­se«“: Zwi­schen der kon­ven­tio­nel­len Land­wirt­schaft und den öko­lo­gisch wirt­schaf­ten­den Betrie­ben klaf­fen tie­fe Grä­ben, sind Dis­kus­sio­nen oft sehr kon­tro­vers. Ihr ver­sucht über Dia­log­platt­for­men Landwirt:innen bei­der Sei­ten ins Gespräch zu brin­gen. Wie funk­tio­niert so etwas?

 

NK Auch da braucht es einen lan­gen Atem. Pes­ti­zid­ein­satz ist ein The­ma, das spal­tet. Aber wir haben fest­ge­stellt, dass es einen gemein­sa­men Nen­ner gibt. Allen Land­wir­tin­nen und Land­wir­ten liegt ihr Boden am Her­zen: dass er gesund ist, frucht­bar, ein gutes Was­ser­hal­te­ver­mö­gen hat. Und da kann man Zusam­men­hän­ge sicht­bar machen, zum Bei­spiel dass Boden­or­ga­nis­men wie Pil­ze, die für die Boden­ge­sund­heit wich­tig sind, nach­hal­tig lei­den, wenn Fun­gi­zi­de ein­ge­setzt wer­den. Natür­lich spie­len da auch die aktu­el­len Ent­wick­lun­gen eine Rol­le. Wenn es dar­um ging, eine Pes­ti­zid-Abga­be wie in der von der GLS Bank initi­ier­ten Stu­die auch nur zu dis­ku­tie­ren, hieß es bis jetzt immer: Das kön­nen wir nicht machen, das wird alles viel zu teu­er. Aktu­ell sind Pes­ti­zi­de bereits viel teu­rer, als sie durch eine zusätz­li­che finan­zi­el­le Abga­be je gewor­den wären. Auch bei der Fra­ge, wie geht die Land­wirt­schaft mit dem Kli­ma­wan­del um, beob­ach­te ich, dass sich wie­der eine Dis­kus­si­on um zwei unter­schied­li­che Wege abzeich­net. Es gibt eine Frak­ti­on, die setzt pri­mär auf tech­ni­sche Lösun­gen, sei es durch Hoch­leis­tungs­züch­tung, Digi­ta­li­sie­rung und so wei­ter. Die ande­re Sei­te sagt, wir brau­chen einen ech­ten Sys­tem­wan­del, müs­sen das ganz­heit­lich ange­hen. Wir brau­chen Lösun­gen, die die Bio­di­ver­si­tät erhal­ten, das Trink­was­ser schüt­zen, die pla­ne­ta­ren Gren­zen respektieren.

 

 

Bioboom – Interview mit Dr. Niels Kohlschütter – Veränderungen brauchen langen Atem

»Auch der Öko­land­bau ist kei­ne fer­ti­ge Lösung, son­dern muss sich eben­falls an neue Rah­men­be­din­gun­gen anpas­sen, sich neu­en Auf­ga­ben stel­len. Da ist es gut, Ideen und Ansät­ze wis­sen­schaft­lich zu über­prü­fen. Wir brau­chen beide.«

 

JT Auf der Suche nach dem Weg: Wie gehen Agrar-Wis­sen­schaft und der tra­di­tio­nell eher pra­xis­ori­en­tier­te öko­lo­gi­sche Land­bau zusammen?

 

NK Bei­de kön­nen sich gegen­sei­tig gut unter­stüt­zen und befruch­ten. Eine Stu­die wie zum Bei­spiel unse­re zeigt ja nicht eine Lösung, sie zeigt ein Pro­blem. Das führt dann zu der Moti­va­ti­on, zu han­deln, etwas anders machen zu wol­len. Auch der Öko­land­bau ist kei­ne fer­ti­ge Lösung, son­dern muss sich eben­falls an neue Rah­men­be­din­gun­gen anpas­sen, sich neu­en Auf­ga­ben stel­len. Da ist es gut, Ideen und Ansät­ze wis­sen­schaft­lich zu über­prü­fen. Wir brau­chen beide.

 

JT Die Ver­öf­fent­li­chung der Stu­die »Pes­ti­zi­de in der Luft« ist nun zwei Jah­re her. Habt Ihr Anschluss­pro­jek­te geplant?

 

NK Die Funk­ti­on des Bünd­nis­ses für eine enkel­taug­li­che Land­wirt­schaft besteht nicht in ers­ter Linie dar­in, agrar­wis­sen­schaft­li­che For­schung zu betrei­ben. Wir woll­ten mit die­ser Initi­al-Stu­die auf einen Miss­stand auf­merk­sam machen. Und die Ver­öf­fent­li­chung die­ser Stu­die wirkt immer noch nach, wir sind noch mit­ten­drin in der Rezeption/Aufarbeitung, das ist noch nicht abge­hakt. Das Wei­ter­ar­bei­ten mit den Ergeb­nis­sen braucht Zeit und Geduld, um damit Wir­kung ent­fal­ten zu können.

 

JT Coro­na, Ukrai­ne-Krieg, Kli­ma­wan­del: Wir sind aktu­ell als Mensch­heit in einer extrem ver­un­si­chern­den Situa­ti­on. Steht zu befürch­ten, dass unse­re The­men wie Öko­lo­gi­sie­rung der Land­wirt­schaft, Aus­rich­tung unse­rer Sys­te­me in Rich­tung Nach­hal­tig­keit, dass die auf der Stre­cke blei­ben könnten?

 

NK Ich glau­be nicht, dass sich alles schnell zum Guten wen­den wird. Wenn ich nur das Bei­spiel Kli­ma­wan­del neh­me: Selbst wenn wir ab jetzt alle denk­ba­ren Maß­nah­men ergrei­fen wür­den, lie­ße er sich nicht ohne Wei­te­res stop­pen. Die Land­wirt­schaft wird wei­ter­hin mit Tro­cken­heit, Hit­ze, ver­scho­be­nen Nie­der­schlä­gen und so wei­ter kon­fron­tiert sein. Die Pro­ble­me wer­den nicht ver­schwin­den und wir müs­sen ler­nen, damit umzu­ge­hen. Die Fra­ge ist, wie wer­den wir das tun? Und da sind wir wie­der bei der Alter­na­ti­ve zwi­schen tech­ni­schen und ganz­heit­li­chen Lösun­gen. Ich habe neu­lich ein Gespräch mit einem Milch­bau­ern geführt, der sel­ber sei­ne Rin­der züch­tet. Sei­ne Kühe sind mit­tel­rah­mig, also mit­tel­groß. Er hat sich bewusst dafür ent­schie­den, nicht auf die gro­ßen Hoch­leis­tungs­tie­re zu set­zen. Sein Grund: Anpas­sungs­fä­hig­keit. Wenn das Fut­ter mal nicht so gut ist, dann ist die Milch­leis­tung zwar nied­ri­ger, aber sei­ne Kühe kom­men damit klar, eben­so, wie sie auch höhe­re Tem­pe­ra­tu­ren bes­ser aus­hal­ten. Ein klei­nes, kon­kre­tes Bei­spiel dafür, wie Wirt­schaf­ten aus­se­hen kann, wenn wir nicht auf vol­le Leis­tung gehen, son­dern auf Stand­ort­an­pas­sung und Gleich­ge­wicht set­zen. Ich set­ze mit mei­nen Hoff­nun­gen und mei­nem Enga­ge­ment auf sol­che Wege, damit wir anpas­sungs­fä­hig wer­den für all das, was auf uns zukommt. Etwas, das wir heu­te noch nicht umfas­send abschät­zen können.

 

Vie­len Dank für das Gespräch!

 

© Foto Ein­lei­tung: Ange­la M. Schlabitz

 


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Die­ser Bei­trag erschien in Aus­ga­be 96

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