Die Firma ist ein Vorzeigeprojekt in einem Wirtschaftszweig, der ansonsten nicht mit allzu vielen guten Schlagzeilen von sich reden macht. Warum ausgerechnet die Textilbranche? Dafür gab es zwei Gründe: »Es musste eine handwerkliche Produktion sein, wo jeder seinen Platz findet. Auch die, denen sonst nicht viel zugetraut wird«, sagt Sina Trinkwalder. »Und Augsburg hat eben eine lange, wenn auch längst untergegangene Textiltradition.«
Quer eingestiegen
Dass sie selbst wenig bis keine Ahnung vom Geschäft rund ums Spinnen, Weben, Färben und Nähen hatte – geschenkt. »Wenn ich etwas nicht kann, dann lerne ich es halt.« Trinkwalder beschreibt sich selbst als »Autodidaktin und extrem pragmatisch veranlagt«. Die 42-Jährige ist ein Macher-Typ mit einer unbändigen Energie, die auf gemütlicher veranlagte Charaktere erst einmal einschüchternd wirken kann. Und sie ist Menschenfreundin, offen und herzlich, mit einem Blick für die, die es nicht leicht haben im Leben und in unserer Gesellschaft. Bei Manomama arbeiten neben ganz »normalen« Arbeitskräften auch Leute mit Vorstrafen, Langzeitarbeitslose, Menschen mit Behinderung und Analphabeten. »Man muss ja nicht unbedingt lesen können, um nähen zu können«, sagt Trinkwalder so einfach wie einleuchtend.

»Es können doch nicht alle rumhirnen.«
Sina Trinkwalder ging es im Leben gut, als sie sich entschloss, eine ganz neue Richtung einzuschlagen. Gemeinsam mit ihrem damaligen Mann betrieb sie eine erfolgreiche Werbeagentur, verdiente reichlich Geld und war außerdem glückliche Mutter. Doch nach einem eher zufälligen Gespräch mit einem Obdachlosen ließ sie eine Frage nicht mehr los: Wie können wir Leute, die eigentlich keine Chancen auf ein selbst erwirtschaftetes Auskommen haben, wieder mitnehmen und teilhaben lassen? Die Antwort lag für sie nahe: »Wir müssen mit den Händen arbeiten und produzieren. Es können doch nicht alle rumhirnen.«
Einfach und flexibel
Drei Monate hat es dann noch gedauert, bis sie mit vier bis fünf Leuten das Nähen startete. Auf eigenes Risiko und mit ihrem eigenen Geld, denn Kredite von den Banken gab es nicht. Aber natürlich nicht ohne Plan, das sähe Sina Trinkwalder auch gar nicht ähnlich. Gefertigt wurden bunte Einkaufsbeutel. Und auch wenn inzwischen einiges mehr hinzugekommen ist, machen die farbigen Taschen für den Lebensmittelhandel immer noch einen Großteil der Aufträge aus. »Wenn wir ausschließlich Taschen machen, dann schaffen wir inzwischen etwa 30.000 Stück am Tag.« Denn aus den paar Leutchen, mit denen sie angefangen hat, sind inzwischen 140 Angestellte geworden, die in einer großen ehemaligen Fabrikhalle zuschneiden, nähen, sortieren und packen.
Es sind hauptsächlich Frauen, die die oft einfachen Arbeiten machen: eine Naht hoch, eine Naht runter, dann landet der Zuschnitt auf dem Stapel und es geht von vorne los. Andere stülpen von früh bis spät Taschen von links auf rechts um, so dass die Nähte nach innen verschwinden. Wieder andere messen Bänder ab oder sortieren die Reste fein säuberlich weg. Trotzdem sind sie zufrieden, denn sie haben eine unbefristete Anstellung, können sich aussuchen, ob sie Vollzeit- oder Teilzeitverträge haben wollen und bekommen mit 10 Euro pro Stunde mehr als den Mindestlohn. Auch ihre Arbeitszeiten dürfen die Leute von Manomama selbst festlegen. Ob sie früh um 6 Uhr oder erst gegen Mittag anfangen – all das ist der Chefin herzlich egal. Hier taktet sich jeder von 6 bis 22 Uhr so ein, wie es zu seinem Alltag und seinem Leben passt. »Hauptsache, die Arbeit wird geschafft.«
Sozialboni statt Akkordarbeit
Und so simpel die einzelnen Arbeitsschritte auch sein mögen: Trinkwalder hat die Erfahrung gemacht, dass die meisten ihrer Angestellten gar nicht unbedingt nach mehr streben. »Die wenigen Handgriffe gut zu beherrschen, das gibt vielen Sicherheit und Selbstvertrauen.« Trotzdem muss natürlich mehr genäht werden als nur Taschen. Manomama produziert und verkauft inzwischen auch Shirts und Sweater, Hemden und Röcke, Unterwäsche, Jeans, Jacken und einiges mehr – im Internet und auch im eigenen Ladengeschäft in der Augsburger City. Hauptsächlich Basics, »keine Fashion-Fummel«, sagt Trinkwalder. Wenn etwas Neues gefertigt werden soll, wird es manchmal auch schwierig, berichtet sie: »Mal etwas anderes oder gar etwas Komplizierteres zu nähen, das traut sich so mancher schon nicht mehr zu.« Deshalb gibt es bei Manomama Sozialboni statt der üblichen Akkordzuschläge: Wer bereit ist, auch mal woanders zu arbeiten, wird ebenso mit finanziellen Aufschlägen belohnt wie diejenigen, die besonders hilfsbereit sind oder ihr Wissen weitergeben. »Wir wollen und können uns eine gewisse Ineffizienz leisten.«